Nach nun knappen zwei Monaten durch den Nordwesten Indiens musste ich mich schweren Herzens von den anderen verabschieden. So stand ich also am 25. April am Flughafen in Delhi, schaute nach meinem Flug in Richtung Bagdogra und kam mir etwas verloren vor. Auf diesen Moment habe ich knappe 4 Jahre gewartet und nun war ich auf dem Weg zurück in den Himalaya. Dort habe ich 2019/2020 mein FSJ absolviert und aufgrund von Covid abbrechen müssen. Und mich hat der Gedanke zurückzukommen die ganzen Jahre über nicht losgelassen.
Als ich nach knapp 2 Stunden sicher gelandet war und den Flughafen in Bagdogra verließ und im Auto in Richtung Siliguri (die nächste Stadt) saß, kam mir vieles doch sehr vertraut vor. Auch die Straße, die hoch in den Himalaya führt, weckte in mir sehr heimische Gefühle. Es fühlte sich ein Stück weit an, als würde ich nach Hause fahren. All in all, es war schön, nun zu einem Ort zu fahren, den ich kannte, wo ich kein Google maps brauchte und mit vielen Ecken der Stadt schon eine Geschichte verbinde.
Angekommen in der Hayden Hall konnte ich meinen Augen kaum trauen. Ja, ich war zurück! Ich konnte mit dem Grinsen gar nicht mehr aufhören. Vor allem weil der Geruch, das Gebäude und die Geräusche so unfassbar vertraut waren. Ich habe sogar im gleichen Bett wie damals geschlafen. Die ersten Tage umgab mich ein Gefühl aus Vertrautheit, aber auch Verwirrtheit. Denn es hat sich nicht viel geändert, seitdem ich weg war, jedoch habe ich mich ja verändert. Es kam mir dennoch so vor, als wäre ich in einer anderen Timeline gelandet. Es war ein wirklich schönes Gefühl, von allen begrüßt zu werden. Bei manchen hatte ich mich gar nicht angekündigt und das erstaunte Lächeln auf ihren Gesichtern war unbeschreiblich…Es kam mir nicht vor, als wäre ich vier Jahre weg gewesen, sondern eher als wäre es eines gewesen:D
Dass ich mich verändert habe und auch älter geworden bin, ist mir dann erst wirklich aufgefallen, als ich wieder im Strive stand und mit den Kindern gespielt, gesungen und das Alphabet gelernt habe. Während dieses Tages sind mir kulturelle Unterschiede aufgefallen, die ich damals aus anderer Sicht und weniger reflektiert gesehen habe, einfach durch fehlende Erfahrung in dem Bereich. Durch mein Studium habe ich jetzt auf einige Routinen, Verhaltensweisen und Sichtweisen eine andere Perspektive bekommen, bzw. eine Meinung bilden können. Das in den letzten Jahren Erlernte hilft mir nun dabei das damals und heute Erfahrene einzuordnen und zu reflektieren. (Dazu kommt aber sehr wahrscheinlich noch ein zusätzlicher Blogeintrag)
Ein paar Tage später saß ich dann im shared taxi nach Kalimpong. Hier werde ich meine nächsten zweieinhalb Monate verbringen und verschiedene Kunstprojekte an der Gandhi Ashram School leiten. Darunter das Gestalten eines neuen Banners für das Auditorium und das Gestalten der Summer Art Exhibition. Dafür arbeite ich in den Kunststunden mit den Kindern zum Thema Natur und die vier Elemente. Im Juni wird dann eine Ausstellung aufgebaut, wo auch die Eltern kommen können, um sich diese anzuschauen. Zudem ist auch eine meiner Aufgaben das Überarbeiten des Kunst-Curriculums.
Da ich damals auch schon kleinere Projekte, wie die Gestaltung des Banners für das Auditorium oder das Malen von Instrumenten für die neuen Kunsträume an- und begleitet habe, ist mir die Schule und Umgebung schon vertraut.
Doch dieses Mal wohne ich bei und mit einer Familie in der Nähe der Stadt. Ich habe zwei Gastbrüder Jerad und Jerome (8 und 11 Jahre alt), eine Gastmutter (Binita) und einen Gastvater (Justin), sowie einige kleine Gastfische, die im Wohnzimmer im Aquarium ihre Kreise ziehen:D Jerad und Jerome gehen auf eine englische Privatschule und Binita arbeitet für die Hayden Hall, welche neuerdings auch eine Zweigstelle in Kalimpong hat. Hier gibt es auch einen kleinen Fair trade shop, für welchen Näherinnen Taschen, Kulturbeutel, Mützen oder ähnliches vor Ort herstellen. Hier noch genauere Infos über die Arbeit der Hayden Hall:
Die Hayden Hall – Mittendrin statt nur dabei – Lara in Indien (fsj-indien.de): Rückkehr in den Himalaya Hayden Hall – Human Development Through Love and Service (haydenhalldarjeeling.org): Rückkehr in den HimalayaBinita ist sowohl im Shop, ihr Schwerpunkt ist jedoch die Arbeit mit Frauen und Kindern bezüglich early child marriage, child protection, sowie die Aufklärung über diese Themen und die generelle Begleitung von Frauen und Kindern auf den Dörfern. Da ich ihre Arbeit sehr spannend finde und diese Themen auch in Bezug auf mein Studium anschließen, begleite ich sie ab und zu auf Dörfer, schreibe reports über bestimmte Fälle oder verfasse Präsentationen über early child marriage und sexual abuse.
Wir wohnen in einer Wohnung nähe der Main Road…das Leben ist hier ein eher einfaches. Wir haben beispielsweise kein warmes Wasser, dafür aber eine Waschmaschine. Möchte man warmes Wasser muss man dieses erst auf dem Herd erhitzen, gekocht wird mit Gas. Dennoch haben wir eine große Küche, ein Wohnzimmer, ein weiteres Schlafzimmer und ich mein eigenes kleines Zimmer:)
Ansonsten pendelt sich hier so langsam ein Alltag ein. Wir wachen alle ca. gegen 6:30 auf und machen uns nach und nach fertig für den Tag, nebenbei isst jeder Frühstück, wenn Zeit dafür ist. Meistens hole ich gegen kurz nach 7:00 die Milch von der Straße, die in einer Plastikwasserflasche für uns geliefert wird. Danach gibt es dann den ersten morgendlichen Chai. Ich verlasse das Haus um 8:00 und laufe ungefähr 20 Minuten durchs grün zur Schule. Dort fängt die Assembly um 8:40 und der Unterricht um 9:00 an.
Der Schultag besteht aus 8 Unterrichtseinheiten à 40 Minuten, einer 15-Minütigen Chaipause und einer Mittagspause, in der alle SchülerInnen und LehrerInnen essen bekommen. In den Kunststunden, die jede Klasse einmal die Woche in Form einer Doppelstunde hat, gehe ich mit dem Kunstlehrer Norzet Sir und einer anderen Freiwilligen Ilka in die Klassen oder gehe mit den SchülerInnen in den Kunstraum und leite kleinere Projekte oder werde mit den Kindern in irgendeiner Form aktiv:D. Um 15:20 endet der Schultag und ich trete meinen Rückweg an.
Falls ihr noch mehr über die Schule lesen wollt, schaut doch gerne hier vorbei:
Die Gandhi Ashram School – Mittendrin statt nur dabei – Lara in Indien (fsj-indien.de): Rückkehr in den Himalaya https://www.instagram.com/gandhiashramschoolkalimpong?igsh=MWIwNWF2Y2htazNwMQ==: Rückkehr in den HimalayaZuhause angekommen habe ich meist etwas Zeit für mich… in dieser Zeit telefoniere ich mit FreundInnen aus Deutschland, gehe duschen, bereite Projekte vor, schreibe Blogeinträge, verbringe Zeit mit meinen Gastbrüdern, ruhe mich aus oder helfe Binita beim Zubereiten des Abendessens.
An manchen Tagen gehe ich auch Wasser holen. Wasser holen bedeutet mit einem Kanister entweder zu einem Wassertank ein Stockwerk tiefer oder zu einer Wasserstelle 10 Minuten von unserem Haus, den Berg hinunter zu gehen. Da gerade dry season ist, wird das Wasser hier in Kalimpong knapp. Somit kann es vorkommen, dass wir mehrere Tage kein fließendes Wasser aus dem Hahn haben und literweise Wasser holen, bzw. organisieren müssen. Erst jetzt wird mir wirklich klar, was für ein Privileg es ist, Zugang zu fließendem Wasser zu haben. Und wie viel Wasser man als Familie für die grundlegendsten Tätigkeiten, wie Kochen, Duschen, Trinken und Waschen braucht. All das war mir in der Intensität zuvor nicht bewusst…also schätzt 1. eurer meist unbegrenzt fließendes Wasser und 2. meist in der westlichen Welt auch euer trinkbares Leitungswasser! Dies ist wirklich nicht selbstverständlich:)
Das war ein kurzer Abriss dessen, was mein Leben die nächsten Wochen betrifft:) falls ihr noch Fragen habt oder euch noch etwas interessiert, schreibt gerne einen Kommentar oder mir persönlich per Mail unter lara-schoenemann@gmx.de:)